Wenn Kreuzbandrisse die Karriere in der Pubertät beenden

München – Fußballprofi sein, Champions League spielen, Weltmeister werden: Davon träumen viele Kinder und Jugendliche.

Doch je ambitionierter sie den Sport betreiben, desto höher das Risiko, warnt Prof. Mirco Herbort von der Orthopädischen Klinik München (OCM): Die Zahl der Knieverletzungen bei 10- bis 20-Jährigen sei in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Besonders häufig kommt es dabei zum Kreuzbandriss – einer klassischen Fußballer-Verletzung.

Der Grund dafür: extrem leistungsorientierter Wettkampfsport, und das sehr früh. «In den Altersklassen, wo man früher nur ein wenig gebolzt hat, gibt es heute richtiges Training, teils fünf Mal die Woche, und einen hohen Leistungsdruck», sagt Herbort, der auch Referent des Berufsverbandes für Arthroskopie (BVASK) ist. Nicht nur im Fußball sei das zu beobachten, auch in anderen Sportarten wie Hand- oder Volleyball. «Die Jugendlichen sind extrem motiviert, der Berufswunsch Profisportler ist da ganz hoch im Kurs. Und oft wird das von den Eltern auch unterstützt.»

Mannschaftssport auf Leistungssport-Niveau ist auch längst nicht mehr nur was für Jungs: Vor allem bei den Mädchen ist die Zahl derjenigen, die ernsthaft Fuß- oder Handball spielen, in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen – und damit auch die Zahl der Knieprobleme insgesamt.

Hinzu kommt: «Bei den Mädchen ist die Verletzungsgefahr ohnehin höher», erklärt Herbort. Denn nach einem Sprung landen sie häufiger mit nach innen geknicktem Knie, dem berühmten X-Bein. In dieser Position droht der sogenannte valgische Kollaps: Die Beinachse bricht ein, der Oberschenkel rotiert dabei nach innen – und das Knie ist verletzt.

Die Folgen sind teils dramatisch: Denn während ältere Profi-Sportler nach einer Knieverletzung durchaus wieder ihr altes Leistungsniveau erreichen können, ist das bei Kindern und Jugendlichen häufig nicht der Fall, so Herbort. Die Karriere ist also vorbei, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat.

War das Knie einmal kaputt und bleibt instabil, drohen zudem noch schwerere Folgeverletzungen an Knorpel oder Meniskus. «Man kann Kindern kaum sagen, nur locker Sport zu machen – das können die nicht, das sollen die ja auch gar nicht», sagt Herbort. «In dem Fall führt das dann aber dazu, dass manche mit 20 aufgrund von Folgeverletzungen das Knie eines 65-Jährigen haben.» Die Folge: chronische Schmerzen, eingeschränkte Mobilität, bis hin zur Frühverrentung.

Am besten sollten Nachwuchssportler, Eltern und Trainer also schon die erste Knieverletzung verhindern. «Entsprechendes Prophylaxe-Training ist möglich, in den Köpfen der Trainer ist das aber noch nicht richtig drin», sagt Herbort. Die Übungen, die Sportlern vor allem das gefährliche X-Bein abgewöhnen sollen, seien aber nicht besonders komplex oder zeitaufwendig. Sie lassen sich also notfalls auch auf eigene Faust absolvieren. Entsprechende Anleitungen der
Deutschen Kniegesellschaft gibt es im Netz.

Fotocredits: Christin Klose
(dpa/tmn)

(dpa)
Mediziner