Wann eine Online-Therapie sinnvoll ist

Leipzig – Wer ein psychisches Problem hat, sieht sich nicht selten mit einem weiteren konfrontiert: einen Therapieplatz zu finden. Oft sind die Wartelisten lang oder die Praxis ist so weit weg, dass ein regelmäßiger Besuch kaum möglich ist.

Wie praktisch, dass es mittlerweile Online-Programme und Apps gibt. Aber können die eine echte Alternative zur herkömmlichen Psychotherapie sein?

Phsychologische Online-Beratung

Psychotherapeutin Sonja Jaeger betreut ihre Klienten ausschließlich digital. Therapie darf Jaeger ihr Angebot in dieser Form nicht nennen, sie spricht von psychologischer Online-Beratung. Für viele Klienten ist der Wohnort der Grund für eine Online-Beratung, sagt sie: «Der Großteil lebt im Ausland, oft in Ländern, in denen es keine Psychotherapeuten in ihrer Muttersprache gibt.»

Es seien aber auch Menschen dabei, die zum Beispiel aufgrund einer Angststörung nicht das Haus verlassen oder wegen einer körperlichen Behinderung nicht zu einem Therapeuten gehen können.

Prof. Christiane Eichenberg forscht an der Sigmund Freud Universität Wien zu Online-Angeboten. Sie sagt: «Grundsätzlich sind Online-Therapien wirksam, auch wenn es natürlich immer darauf ankommt, welche Erkrankung und vor allem welcher Schweregrad vorliegt.» Vor allem für Patienten, die sonst keine Hilfe in Anspruch nehmen würden, hätten solche Angebote Vorteile. Es sei ein guter Weg, um erste Hemmschwellen zu überwinden oder Vorurteile abzubauen. «Es gibt Menschen, die ihre Probleme erst einmal per E-Mail kommunizieren möchten, und dann lernen, dass sie auch in einer Face-to-Face-Therapie dafür bereit sind», sagt Eichenberg.

Professionelle Begleitung wichtig

Bei der Auswahl eines Angebots sollten Patienten darauf achten, dass immer wieder Kontakt zu Ärzten oder Therapeuten gewährleistet ist. «Wer bei einer solchen Therapie ganz auf sich gestellt ist, also ein reines Selbsthilfeprogramm absolviert, der hält oft nicht durch», sagt Eichenberg. «Studien zeigen, dass die Erfolgsquote höher ist und die Patienten nicht so schnell aussteigen, wenn sie begleitet werden.»

Auch laut Prof. Ulrich Hegerl ist eine persönliche Begleitung wichtig. Er ist Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, die das Online-Angebot iFightDepression mitentwickelt hat. «Es handelt sich dabei um ein Selbstmanagement-Tool für Menschen mit leichten Depressionen», sagt Hegerl. «Das ist kein Ersatz für die Behandlung mit Antidepressiva oder Face-to-Face-Therapien. Aber für viele Patienten kann es ein guter Weg sein, mit der Krankheit besser umzugehen.»

Den Zugang bekommen Patienten aber nur von ihrem Arzt oder Psychotherapeuten. Jeder Patient soll bei der Nutzung begleitet werden. Der Arzt fragt zum Beispiel beim nächsten Termin nach, ob der Patient mit dem Tool zurechtkommt und ob das Programm hilft. Nach Ansicht von Hegerl ist es bei allen Online-Angeboten wichtig, Patienten nicht mit den Aufgaben allein zu lassen. Je nach Erkrankung kann das sogar zum ernsten Risiko werden. Depressionen zum Beispiel sind schwere, oft lebensbedrohliche Erkrankungen, betont Hegerl. Patienten können sie nicht auf eigene Faust behandeln.

Fotocredits: Christin Klose,Annett Poppe,Stefan Straube
(dpa/tmn)

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