Medikamente für Kinder: Vergabe von Psychopharmaka steigt

Immer mehr Kindern bekommen Psychopharmaka verschrieben. Teilweise sind es sogar Medikamente, die für Kinder gar nicht geeignet sind. Doch was ist die Alternative? Lange Wartelisten beim Spezialisten.

Die Zahlen der Kinder, die Medikamente gegen psychische Störungen verschrieben bekommen, sind laut der Technischen Krankenkasse um einiges gestiegen. Die Auswertung der eigenen Daten hat ergeben, dass immer mehr Kinder mit Psychopharmaka behandelt werden. Das Problem dabei ist, dass einige verschriebene Medikamente gar nicht für Kinder geeignet sind und über die Langzeitwirkungen und -schäden vieler Medikamente nicht viel bekannt ist.

Medikamente für Kinder: Hyperaktivität, Aggression und Depression

Wie die Technische Krankenkasse feststellte, erhöhte sich vor allem die Zahl der Kinder, die, da sie scheinbar ein Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) haben, Mittel dagegen bekamen. Waren es im Jahr 2006 noch fast 20.000 Kinder, die bei der TK versichert waren und Medikamente gegen ADHS bekamen, so stieg die Zahl bis 2010 bereits auf 29.000 Kinder. Das ist, statistisch bereinigt, eine Erhöhung von knapp 32%.

Doch nicht nur die Verschreibungen von ADHS-Medikamenten, sondern auch die Vergabe von Risperidon, das bei aggressiven Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen eingesetzt wird, stieg an. Waren es im Jahr 2006 noch 682 Kindern, die den Wirkstoff Risperidon verschrieben bekamen, so verdoppelte sich die Zahl bis 2010 auf 1532 Kinder.

Der Einsatz von Antidepressiva und Schlafmittel

Doch es fand nicht immer ein Anstieg bei verschreibungspflichtigen Medikamenten statt, mituntern waren die zahlen auch gegenläufig, so z.B. bei Antidepressiva und Schlafmittel. Der Einsatz von Antidepressiva stieg nicht ganz so schnell von 2006 bis 2010. Wobei einzig beim Einsatz von Antidepressiva bedenklich ist, dass es sich bei einem Fünftel der verschriebenen Medikamente um welche handelt, die nicht bei Kinder und Jugendlichen eingesetzt werden dürfen.

Die Verschreibung von Schlafmittel ging um 14% zurück. Weiterhin problematisch war jedoch, dass es häufig fachfremde Mediziner waren, die Psychopharmaka verschrieben. Dies wird seit Anfang 2011 anders geregelt. So können seit Anfang des Jahres Psychopharmaka nur noch von Fachärzten verschrieben werden.

Das Problem: Medikamente statt Verhaltenstherapie

Heutzutage zeigt fast jedes vierte Kind psychische Auffälligkeiten, vor 10 Jahren war es noch jedes fünfte. Dies hängt mit dem steigenden familiären und schulischen Druck auf die Kinder zusammen. Hierbei sei jedoch der falsche Weg, Kinder mit Medikamenten voll zu pumpen, die erstens oft gar nicht für sie geeignet sind und bei denen zweitens die Langzeitfolgen nicht erforscht sind.

Experten raten hier , dass man es zunächst mit einer Verhaltenstherapie probiert. Dies ist aber auch nicht so leicht umzusetzen, da es erstens wenige Spezialisten für Kinder- und Jugendpsychologie bzw. -psychiatrie gibt und zweitens die wenigen Spezialisten, die es gibt, sehr lange Wartezeiten haben, die  schon mal gute 300 Tage betragen können. In der Zeit können sich Auffälligkeiten bereits zu einer Störung entwickeln.

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Comments (1)

  1. Tamara sagt:

    Schon sehr erschreckend wie viele Kinder heutzutage mit Medikamente „vollgepumpt“ werden – damit Sie den Leistungsanforderungen unserer Gesellschaft entsprechen! Allerdings wird dabei selten die Ursache erforscht, warum das betroffene Kind an ADHS Symptomen leidet… die Einnahme von Medikamenten ist ja so viel einfacher und angenehmer… Beispielsweise haben u.a. neuere Studien ergeben, dass Allergene sowie Toxine ADHS ähnliche Symptome auslösen können