Weiße Hautflecken: Vitiligo bereitet seelisch Probleme

Schweinfurt (dpa/tmn) – Als Bea Kostrzeba an einem Sommertag vor 28 Jahren morgens in den Spiegel schaute, war ihre Haut noch unauffällig. Seit dem Nachmittag an jenem Tag ist sie es aber nicht mehr.

«Beim Fahrrad-Fahren entdeckte ich im Lenkrad-Spiegel plötzlich zwei münzgroße, hellweiße Flecken an meinen Mundwinkeln», erinnert sich die heute 39-Jährige aus Schweinfurt. Sofort fuhr sie nach Hause und schaute sich die Flecken mit einer Lupe an. «Doch ich konnte einfach nicht verstehen, woher sie kamen und warum sie nicht mehr weggingen. Ich hatte totale Panik.» Mehrere Arztbesuche brachten Klarheit: Kostrzeba hat Vitiligo, auch Weißfleckenkrankheit genannt.

Die Krankheit verläuft sehr unterschiedlich. «Bei manchen Betroffenen können immer wieder neue Flecken auftreten, die im Laufe der Zeit größer werden, und bei anderen kann die Hautfarbe an manchen Stellen plötzlich wiederkommen», sagt Herbert Kirchesch vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) in Berlin. Zunächst treten die Flecken häufig an Bereichen wie den Augenlidern, Mundwinkeln, Achseln und Leisten sowie am Handrücken auf. Häufig tritt Vitiligo zum ersten Mal im Alter zwischen 5 und 12 sowie zwischen 20 und 40 Jahren auf.

Die Ursachen sind noch weitgehend unbekannt. «Einerseits gibt es die These, dass es sich um eine Stoffwechselstörung der pigmentbildenden Zellen handelt», sagt Prof. Michael Sticherling vom Universitätsklinikum Erlangen. «Andererseits könnte es sich um eine Autoimmunerkrankung handeln.» Aus medizinischer Sicht handelt es sich um eine weitgehend kosmetische Erkrankung. «Vitiligo ist nicht ansteckend, verursacht keine körperlichen Schmerzen, und Betroffene haben eine normale Lebenserwartung.»

Zur Behandlung kommt häufig eine Bestrahlung mit sogenanntem Schmalband-UV-B-Licht zum Einsatz. «Bei etwa 30 bis 50 Prozent der Patienten beginnen die weißen Stellen wieder zu pigmentieren, aber nicht unbedingt vollständig und gleichmäßig», sagt Sticherling.

Gelegentlich wird auch die sogenannte PUVA-Therapie angewendet. Durch Bäder oder Cremes wird zunächst der Pflanzeninhaltsstoff Psoralen auf die jeweiligen Vitiligo-Stellen aufgetragen, der die Empfindlichkeit der Haut für UV-Strahlen steigert. Anschließend folgt eine Bestrahlung mit UV-A-Licht. «Die Steigerung der Lichtempfindlichkeit durch Psoralen ist jedoch nicht immer exakt steuerbar, so dass es gelegentlich zu Verbrennungen kommen kann», sagt Kirchesch.

Betroffene fühlen sich mitunter hilfslos, woraus sich eine Depression oder Angststörung entwickeln kann. Häufig entsteht ein Teufelskreis. «Viele haben Angst, sich zu zeigen, und vermeiden deshalb die Öffentlichkeit, was kurzfristig Erleichterung verschafft», erklärt Astrid Stumpf vom Universitätsklinikum Münster. Langfristig kann das die Situation aber verschlimmern. Helfen kann eine Psychotherapie.

Nach ihrer Diagnose breiteten sich die weißen Flecken schlagartig über Bea Kostrzebas Gesicht aus. Mit 21 Jahren war ihr Gesicht fast vollständig mit weißen Flecken bedeckt, heute sind es durch UV-B-Bestrahlung noch rund 25 Prozent. Während die Betroffene Kanadierin Winnie Harlow international erfolgreich als Model arbeitet, brauchte Kostrzeba mehr als zehn Jahre, um ihre Flecken zu akzeptieren. «Ich selbst fand mich lange Zeit hässlich, fast so wie ein Alien.» Bis sie sich einer Selbsthilfe-Gruppe des
Deutschen Vitiligo-Bundes anschloss. «Zwar zieht mich jeder neue Fleck wieder herunter, aber ich spreche Vitiligo bei neuen Bekannten jetzt offen an. Schließlich kann ich ja nichts dafür.»



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(dpa)
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