Falsche Wahrnehmung vom Leben: das Cotard-Syndrom

In Carry Harrisons „Therapeuten-Story“ telefoniert ein Mann mit seinem Psychiater. Er gibt an, in einem Sarg zu liegen und ist der festen Überzeugung, tot zu sein. Was sich nach ausgeklügelter Science Fiction-Literatur anhört, ist in Wahrheit eine reale Erkrankung. Das Cotard-Syndrom veranlasst Betroffene tatsächlich zu glauben, dass sie gestorben sind.
Grabstein

Der Fall eines jungen Briten machte die Diagnose Cotard-Syndrom unlängst zu einem öffentlichen Thema. Obwohl er einen Suizidversuch überlebte, glaubte der Mann nicht länger an seine Existenz. Als „lebende Leiche“ verlor er den Sinn und das Interesse für alles und jeden. Erst in einer neurologischen Untersuchung an der Universität Exeter kam man der Erkrankung allmählich auf die Spur. Die Mediziner stellten fest, dass die Hirnaktivitäten dabei ähnlich niedrig waren wie bei einem Wachkomapatienten.

Ursachen der Erkrankung

In den meisten Fällen tritt das Syndrom nach einem Unfall auf, wobei Betroffene glauben, diesen nicht überlebt zu haben. Ebenso kann die gestörte Wahrnehmung auch von einer Psychose, Depression oder einem schweren Trauma herrühren. Eine organische Ursache hingegen vermutet man in der Trennung von zwei Arealen in unserem Gehirn. Gesichter können dabei zwar erkannt, jedoch nicht mit einer Emotion oder Bedeutung in Verbindung gebracht werden.

Die Störung kann sowohl vorübergehend als auch chronisch sein

Ein resistentes und dauerhaftes Auftreten des Cotard-Syndroms ist bisher nur in Zusammenhang mit Depressionen beobachtet worden. Obwohl nur wenige hundert Menschen von diesem Syndrom betroffen sind, handelt es sich um eine ernsthafte Erkrankung des Gehirns. Betroffene spüren und erkennen ihren Körper nicht mehr und negieren sogar dessen Existenz. Aus diesem Grund verzichten sie auf Nahrung, wobei die Folgen der Auszehrung tödlich sein können.

Die erhöhte Suizidgefahr erfordert therapeutische Maßnahmen

Ein echtes Heilmittel gegen das Cotard-Syndrom gibt es bislang noch nicht. Deshalb werden in der Regel die psychischen und physischen Ursachen behandelt. Antidepressiva und eine psychotherapeutische Begleitung können dabei helfen, Betroffenen wieder ein halbwegs normales Leben zu ermöglichen. Umstritten bleibt hingegen der Einsatz der Elektrokrampftherapie. Dabei wird unter einer kurzzeitigen Narkose mithilfe von Elektroschocks ein vorübergehender epileptischer Anfall hervorgerufen. Ziel ist es, die Durchblutung des Gehirns und dessen Aktivitäten zu fördern. Die Methode wird jedoch lediglich in besonders schwerwiegenden Fällen des Syndroms angewandt.

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