Alkoholgeschädigten Kindern fehlt oft natürliches Misstrauen

Mainz – Ein Gläschen kann man doch trinken – das denken noch immer viele schwangere Frauen. Doch viele Kinder, die während der Schwangerschaft Alkohol ausgesetzt waren, werden später verhaltensauffällig.

Sie geraten häufiger in Gefahr, weil sie Konsequenzen für sich und andere nur schwer einschätzen können, warnt der Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland (
BKJPP).

Sogenannte Fetale Alkohol-Spektrum-Störungen – das sind leichtere Ausprägungen des Fetalen Alkoholsyndroms – sind den Psychiatern zufolge der häufigste Grund für angeborene Behinderungen in Deutschland. Jedes Jahr werden rund 10 000 Kinder mit einer solchen Störung geboren. Ob ein Ungeborenes geschädigt wird oder nicht, hängt nicht nur von der getrunkenen Alkoholmenge ab, sondern auch von der individuellen Alkoholtoleranz von Mutter und Kind. Deswegen kann schon ein Glas Sekt oder Bier in der Schwangerschaft das Kind beeinträchtigen.

Bei manchen Kindern ist die Fehlbildung sichtbar – sie haben etwa kleinere Augen oder eine schmale Oberlippe. Bei anderen ist das Gehirn betroffen. Dem BKJPP zufolge sind diese Kinder zum Beispiel permanent unruhig, nervös oder schreckhaft. Häufig fehlt ihnen das natürliche Misstrauen, das Menschen vor Gefahren schützt. Dadurch haben sie ein höheres Risiko, zum Mitläufer bei oder Opfer von Straftaten zu werden, warnen die Psychiater.

Wenn das Kind nicht sichtbar fehlgebildet ist, bleibt die Fetale Alkohol-Spektrum-Störung häufig unbemerkt. Um es vor Gesetzeskonflikten oder auch sexuellem Missbrauch zu schützen, sei es aber wichtig, das Kind so früh wie möglich psychologisch zu betreuen, heißt es vom BKJPP. In einer Verhaltenstherapie lernen die Kinder, mit ihren Stimmungsschwankungen oder impulsivem Verhalten umzugehen – und sich selbst davor zu schützen, ausgenutzt zu werden. Zusätzlich kann eine Bewegungs- und Sprachtherapie sinnvoll sein.

Auch als Erwachsene brauchen Betroffene oft Hilfe. Etwa 85 Prozent der Betroffenen sind dem BKJPP zufolge nicht in der Lage, einen Beruf auszuüben.

Fotocredits: Felix Heyder
(dpa/tmn)

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