Ernährung – Faustregel muss neu geschrieben werden

Frühstücken wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein König und Abendessen wie ein Bettler. So lautet ein Sprichwort an das Sie sich besser halten.

Schon Säuglinge bekommen im Mittel alle vier Stunden Hunger. „Dieser natürliche Rhythmus setzt sich bis zum Erwachsenenalter fort, mit dem Unterschied, dass wir in der Nacht durchschlafen“, so der Chronobiologe Maximilian Moser von der Universität Klagenfurt. Magen, Galle, Bauchspeicheldrüse und Darm benötigen diese Zeit, um nacheinander das Verspeiste zu verdauen. Erst wenn der Magen leer ist, beginnt der Darm zu rumoren. „Am günstigsten sind drei Mahlzeiten am Tag“, sagt Moser.

Jede Mahlzeit wirkt außerdem als Zeitgeber und synchronisiert die innere Uhr. Die Vorgänge in den Zellen werden gewöhnlich auf einen Takt von 24 bis 25 Stunden eingestellt. Die stärksten Zeitgeber sind Licht und Nahrungsaufnahme. „Das schlechteste, was man der inneren Uhr antun kann, ist permanent zu essen“, so Moser. Dieses so genannte Grasen, in Analogie zum Fressverhalten der Weidetiere, nimmt in den Industrienationen jedoch zu. Das schadet der Gesundheit und kostet Lebensjahre.

Mäßig und regelmäßig essen

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Alternsforscher konnten zeigen, dass Hundertjährige sich in zwei Punkten ähnlich verhielten: „Sie aßen stets nur mäßig und nach einem strengen Rhythmus“, sagt Moser. Für ein langes Leben ist wie man isst offenbar wichtiger als was man isst.

Manche ältere Menschen bestehen darauf, um Punkt zwölf Uhr zu Mittag zu speisen. Auch dafür haben Chronobiologen eine Erklärung: Die innere Uhr junger Menschen schwingt auch ohne Licht und Nahrung in einem Takt von 23 bis 27-Stunden, so der Münchner Physiologie-Forscher Jürgen Aschoff. Ab dem 60. Lebensjahr ermüdet jedoch die innere Uhr allmählich. „Äußere Zeitgeber wie feste Mahlzeiten und Licht werden dann immer wichtiger, um die innere Uhr wieder zu synchronisieren“, erläutert Moser.

Die Menge macht’s

Nicht nur die Essenszeiten fördern einen gesunden Rhythmus, auch die Menge der Nahrung ist entscheidend: Das Frühstück bricht dabei das nächtliche Fasten wie der englische Ausdruck „breakfast“ trefflich verrät. „Menschen, die morgens langsam in Schwung kommen, können erst später frühstücken. Chronobiologen nennen sie „Eulen“. Die anderen, die „Lerchen“, vertragen sofort ein üppiges Mahl“, so Ulrich Olterdorf, Ernährungssoziologe von der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe. Besonders gut bekommen dem Stoffwechsel am Morgen eiweißreiche Speisen. Sie werden nach dem Aufstehen in Wärme umgewandelt. Ein Ei, ein Käsebrot oder ein japanisches Frühstück mit Fisch sind ein guter Start in den Tag.

So üppig, wie der Tisch in der Frühe gedeckt sein darf, so spartanisch sollte das Abendessen ausfallen. Je später der Tag, desto mehr lagert der Körper Nahrung als Fett ein. Selbst wenn Menschen die gleiche Menge an Kalorien verzehren, nehmen sie doch deutlich mehr zu, wenn das Abendessen die schwerste Mahlzeit bildet. Wer zwei bis drei Stunden vor dem zu Bett gehen, das letzte Mal speist und dabei bevorzugt leichte Kost einnimmt, der hat zur Schlafenszeit einen höheren Melatoninspiegel im Blut. Das Hormon sorgt für einen tiefen, erholsamen Schlaf.

Völlerei im Dunkeln

Aus chronobiologischer Sicht besonders ungesund ist, nachts den Kühlschrank zu plündern. Das bringt die innere Uhr völlig aus dem Gleichgewicht. Es wird weniger Insulin und auch weniger Leptin gebildet. Dadurch wird das Genaschte nicht schlechter verdaut als am Tag und auch die Sättigung wird sich nicht richtig einstellen. Wer die Völlerei im Dunkeln nicht lassen kann, erhöht auf lange Sicht sogar sein Risiko für Diabetes und Übergewicht.

Dennoch erfordert eine Ernährung Beherrschung und für die biologische Uhr ist das keine biblische Strenge: „Die innere Uhr hält auch ein bisschen was aus“, beruhigt Moser. „Einmal in der Woche ein Ausreißer macht nichts.“

Mediziner