Chronisch unterfordert: Diagnose Bore-out

Alle reden vom „Burn-Out“. Kaum eine Zeitung hat in letzter Zeit nicht über diese Krankheit berichtet, wenn die starke Belastung am Arbeitsplatz zu körperlichen Beschwerden und Depressionen führt. Man fühlt sich ausgebrannt und kraftlos. So mancher sehnt sich nach der Leichtigkeit des Nichtstuns. Doch auch Nichtstun kann krank machen. Immer häufiger wird ein „Bore-Out“ diagnostiziert. Die Symptome ähneln dem eines Burn-Outs, die Ursachen aber sind gegensätzlich – Langeweile und Unterforderung am Arbeitsplatz.

Wenn Langeweile krank macht

Beamte, Angestellte in der Finanzindustrie und Büroarbeiter leiden besonders häufig unter einem Bore-Out, wenn sie ihre angestammte Tätigkeit verlieren, weil Arbeiten wegrationalisiert oder Teams umstrukturiert werden. Plötzlich gibt es nur noch wenig zu tun. Schnell entsteht das Gefühl der Wertlosigkeit. Antriebslosigkeit ist die häufige Folge, die sich bis zu einer Depression steigern kann. Auch körperliche Beschwerden wie chronische Rückenschmerzen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen treten regelmäßig auf. Physische und psychische Beschwerden können sich gegenseitig verstärken. Es entsteht eine Abwärtsspirale, der sich viele Betroffene kaum entziehen können.

Das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen

Angesichts des vorherrschenden Leistungsdogma ist es nur verständlich, dass viele Betroffene versuchen, ihre Unterforderung zu kaschieren. Sie versuchen beschäftigt auszusehen, starren auf dem Bildschirm und berichten immer wieder von der großen Arbeitsbelastung. Oft werden sogar Überstunden gemacht, um zu verbergen, dass es nicht zu tun gibt.
Experten und Ärzte sehen die Arbeitgeber in der Pflicht, sich nicht nur um die Überlastung ihrer Angestellten zu kümmern, um „Burn-Out“ zu vermeiden, sondern auch das Gegenteil, den „Bore-Out“ in den Blick zu nehmen. Indem alte Strukturen aufgebrochen, Arbeitszeiten flexibel gestaltet und Heimarbeit erlaubt wird, kann ein besseres Betriebsklima geschaffen werden. Oft kann mit einfachen Maßnahmen im Betriebsablauf sowohl Über- als auch Unterforderung der Mitarbeiter verhindert werden. Bore-Out-Betroffene sollten daher das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen. Oft lassen sich neue Aufgaben finden, von denen alle profitieren.

13 Prozent leiden unter Langeweile

Immerhin 13 Prozent der abhängig Beschäftigen fühlen sich fachlich unterfordert, 5 Prozent sagen, dass sie mengenmäßig zu wenig zu tun haben. Anstatt das Problem zu ignorieren, sollten Arbeitgeber bei diesen Zahlen aufhorchen. Denn letztendlich schlummert in den unterforderten Angestellten ein großes Potenzial, wenn man ihnen fachlich und mengenmäßig adäquate Aufgaben zukommen lässt. Das steigert nicht nur das Wohlbefinden der Angestellten, sondern auch die Effektivität des ganzen Unternehmens.

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